Die Cyber Monday Woche auf Amazon ist vorbei. Jetzt ist das Weihnachtsgeschäft endgültig eingeläutet. Bei vielen Onlinehändler:innen sind die Vorbereitungen auf die wichtige Weihnachtszeit schon lange abgeschlossen. Die Lager sind voll, die Werbung vorbereitet und die Geldzählmaschine steht bereit. Einziges Problem – die pünktliche und reibungslose Lieferung zu Kund:innen. Mittlerweile kommt im Radio der Hinweis an die Zuhörer:innen, die Weihnachtsgeschenke am besten rechtzeitig online zu bestellen, die Lieferdienste könnten Probleme bei der pünktlichen Zustellung zum Weihnachtsfest bekommen.
Einige Paketdienste befürchten ein Chaos in der anstehenden Weihnachtszeit, wenn bis zu 15 Millionen Pakete täglich bearbeitet werden. GLS hat angekündigt, in dieser Zeit keine Neukund:innen aufzunehmen und nur Bestandskund:innen zu bedienen. Es ist möglich, dass andere Paketdienstleister:innen nachziehen. Müssen Onlinehändler:innen sich jetzt Gedanken um die rechtzeitige Lieferung machen?
Vor einigen Jahren haben die Paketdienste jeden Auftrag angenommen, um die Auslastung der Fahrzeuge zu maximieren. Es galt: „Menge hilft“. Woran liegt es, dass jetzt einige Firmen einen Aufnahmestop verhängen?
Entwicklung des E-Commerce in Deutschland

Der Umsatz im E-Commerce hat sich in einem atemberaubenden Tempo gesteigert. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Im ähnlichen Maße wie der Umsatz sind auch die damit verbundenen Paketlieferungen gestiegen.

2016 wurden über 3 Milliarden (3.000.000.000) Pakete versendet. In der Spitzenzeit bis zu 15 Millionen Pakete an einem Tag. Für den E-Commerce ist eine reibungslose Abwicklung der Paketsendungen enorm wichtig. Viele Kund:innen lassen den Frust über nicht pünktlich oder falsch zugestellte Pakete an den Händler:innen aus. Dies führt zu einer höheren Retourenquote, schlechten Rezensionen und höheren Kosten für alle Beteiligten.
Zufriedenheit mit Paketdiensten
Ähnlich wie ein Gespräch über Politik beim ersten Date, kann die Frage nach den besten Paketdienstleister:innen eine Grundsatzdiskussion auslösen. In Facebookgruppen ist von unterschiedlichsten Erfahrungen mit den Zusteller:innen zu lesen.

Alle Paketdienste haben eine Zustellquote von über 90 % im ersten Zustellversuch. Inklusive der Lieferung in die Papiermülltonne oder die Garage der Nachbar:innen – zwei Straßen weiter. Im Durchschnitt ist jede:r dritte Kund:in mit dem Paketdienst unzufrieden. Der Marktanteil unter den „Big Five“ teilt sich wie folgt auf:

DHL ist mit ca. 50 % Marktanteil mit Abstand der:die größte Anbieter:in am Markt. Um den Ansturm in der Vorweihnachtszeit zu bewältigen, stellen alle Firmen zusätzliche Saisonarbeiter:innen ein und mieten kurzfristig Fahrzeuge.
Probleme bei der Zustellung

Auffällig an der Grafik ist vor allem der erste Punkt „Verspätete Lieferung“. Dort ist ein Anstieg um 5 % im Vergleich zu 2016 zu verzeichnen. In der Weihnachtszeit entscheidet oftmals eine pünktliche Lieferung über fröhliche Gesichter am Weihnachtsabend oder eine Reklamation. Die erhöhte Anzahl an verspäteten Lieferungen kann einigen Onlinehändler:innen das Weihnachtsgeschäft ziemlich vermiesen.
Lösungen für die Paketflut
Große Onlinehändler:innen und Paketdienste sind auf der Suche nach Lösungen, um eine pünktliche Lieferung zu gewährleisten. Mehr Personal und Fahrzeuge einzusetzen, ist nur bis zu einem gewissen Punkt möglich. Die Innenstädte kollabieren aufgrund von parkenden Zustellfahrzeugen in der zweiten Reihe. Es finden sich nicht genug Arbeiter:innen, die der Tätigkeit nachgehen wollen. Die Verteilzentren können nur eine gewisse Anzahl von Paketen täglich bearbeiten. Welche Lösungen gibt es noch?
Packstation
Ein Ansatz, um den Kund:innen mehr Flexibilität zu ermöglichen, ist das Aufstellen von Packstationen. Hier werden die Pakete einsortiert und die Kund:innen können sich das Paket individuell abholen. Problem hierbei ist, dass es flächendeckend keine Station gibt, die für alle Paketdienste funktioniert. Oftmals ist die Bestellung an einen bestimmten Lieferdienst gebunden. Das Netz der Paketstationen ist nicht flächendeckend ausgebaut, um für den Großteil der Käufer:innen eine Alternative zu bieten. Zusätzlich sind die Stationen nur bis zu einer gewissen Paketgröße geeignet. Amazon geht hier eigene Wege und stellt unabhängig von Dienstleister:innen sogenannte „Amazon Locker“ auf. Probleme bei der Aufstellung von Packstationen sind Platzmangel in Innenstädten und Beschwerden von Anwohner:innen. Ein möglicher Lösungsansatz könnte der Aufbau von Packstationen an allen Bahnhöfen, S-Bahn- und U-Bahn-Stationen in größeren Städten sein.
Paketkasten für das eigene Haus
Es besteht die Möglichkeit, unterschiedlich große Paketkästen vor dem eigenen Haus oder an der Hauswand zu montieren. Diese Möglichkeit der einfacheren Paketzustellung eignet sich jedoch nur für Besitzer:innen eines Eigenheims. In Großstädten haben viele Anwohner:innen keinen Platz für solche „Briefkästen“. Zusätzlich ist die Anschaffung mit Kosten ab ca. 200 € verbunden. Der Nutzen solcher Kästen ist meist auf nur einen Paketdienst beschränkt.
Paket an Paketshop liefern
Es ist möglich, Pakete direkt an den Paketshop liefern zu lassen. Dies könnten Kund:innen nutzen, wenn vorher klar ist, dass niemand zu Hause sein wird. Leider wissen viele Kund:innen nicht von dieser Möglichkeit oder scheuen den Gang zum Paketshop – ein:e Nachbar:in wird schon zu Hause sein. Die langen Schlangen am späten Nachmittag vor den Postfilialen sorgen regelmäßig für Frust bei Postmitarbeiter:innen und Kund:innen.
Zukunft der Paketzustellung
Lieferung per Drohne
Seit einiger Zeit versucht Amazon die Lieferung per Drohne möglich zu machen. Erste Testversuche laufen bereits. Das Prime Air Programm sieht vor, dass die Bestellung innerhalb von 30 Minuten bei den Käufer:innen ankommt.
Problematisch hierbei ist, dass die Drohne nur in ländlichen Gegenden einen geeigneten Landeplatz vorfindet und speziell in Deutschland die rechtliche Lage von autonom fliegenden Objekten nicht eindeutig geklärt ist. Diese Art der Paketzustellung kann sich sehr gut für ländlichere Gegenden eignen, um dort schnell und unkompliziert Pakete zuzustellen. Die Lieferung per Drohne wird voraussichtlich eine Randerscheinung bleiben, weil ca. 75 % der Bevölkerung in Deutschland in städtischen Gebieten lebt.
Lieferung direkt in den Kofferraum
Volkswagen testet zusammen mit DHL eine Lieferung der Pakete direkt in den Kofferraum der Käufer:innen. Ähnlich wie mit der Technik beim Carsharing kann der Paketbote den Kofferraum öffnen und das Paket im Kofferraum ablegen. Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Programm ist ein neueres Modell von Volkswagen.
Lieferung durch Zustellroboter
Die Unterstützung der Paketbot:innen durch autonom fahrende Roboter ist ein weiterer Faktor, wie die Lieferbranche versucht, „die letzte Meile“ zu optimieren. Hierbei gibt es unterschiedliche Ansätze. Ein Roboter, der die Lieferant:innen begleitet oder einzelne kleine Roboter, die autonom fahren und den Inhalt mittels einer App an die Kund:innen freigeben.
Die Verwendung von Zustellrobotern könnte ein Ansatz sein, um die Lieferung zu optimieren und die Effizienz zu steigern. Kleinere Zustellroboter sind jedoch auf barrierefreie Wege und die Anwesenheit der Käufer:innen angewiesen.
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Der E-Commerce und die damit verbundene Paketmenge wird weiter wachsen. Die Lieferdienste stoßen langsam an ihre Grenzen und versuchen mit neuen Methoden Herr des Problems zu werden. Es scheint jedoch noch kein Konzept für den breiten Markt reif zu sein. Händler:innen, die über ihren eigenen Shop verkaufen oder bei Amazon via FBM versenden, sollten in den letzten Tagen vor Weihnachten eine höhere Lieferzeit einkalkulieren und diese auch den Kund:innen gegenüber kommunizieren. Es bleibt abzuwarten, wie gut die Logistik bei Amazon funktioniert und ab wann Artikel via FBA noch pünktlich zum Weihnachtsfest unter dem Baum liegen werden. Amazon-Händler:innen müssen in ihrer Kalkulation „Lieferprobleme“ mit einkalkulieren. Es nützt nichts, über die Paketdienste zu schimpfen. Alle Seiten arbeiten an einer Lösung, um die pünktliche Lieferung zu Kund:innen zu gewährleisten.