Markenrechtsverstoß bei Amazon – das muss man beachten

Jede gute Amazon-Optimierung basiert auf einer ausführlichen Keyword-Recherche. Es gibt zahlreiche Tools, die dir dabei helfen können und eine Menge manueller Arbeit abnehmen. Dennoch ist bei bestimmten Begriffen Vorsicht geboten, denn nicht alle Worte dürfen direkt übernommen werden. Gemeint sind hier geschützte Markennamen, die manchmal gar nicht so einfach zu erkennen sind. Dass Begriffe wie Samsung, Sony, Nike, Lacoste o. ä. durch eine Eintragung im Markenregister geschützt sind, dürfte jedem klar sein. Verwendest du diese Markennamen oder Begriffe z. B. als Keyword für dein Private-Label-Produkt, um dir schnell ein bisschen Sichtbarkeit aufzubauen, dann kann das fatale Folgen haben. Aber es sind nicht immer nur die großen Marken, die du nicht ohne Weiteres bspw. in die allgemeinen Schlüsselwörter deines Amazon-Produkts eintragen darfst. Geschützt sind oft auch Begrifflichkeiten, die nicht auf den ersten Blick nach einer Marke aussehen. Willst du zum Beispiel Sportshirts mit einer eigenen Marke verkaufen, die besonders atmungsaktiv sind, darfst du nicht den Begriff „ClimaCool“ verwenden, denn dieser Begriff ist eine eingetragene (Sub-)Marke von adidas. Aber auch Slogans können geschützt sein – ein Beispiel: „just do it“ ist von Nike eingetragen und so weiter.

Markenrechtsverstöße sind kein Kavaliersdelikt – auch nicht auf Amazon

Im täglichen Agenturgeschäft stößt man immer wieder auf Markenrechtsverletzungen auf dem Amazon-Marktplatz, die mehr als offensichtlich sind. Zugegebenermaßen ist es wirklich verlockend, einfach mal eben eine bekannte Marke oder ein bekanntes Produkt in der eigenen Nische in den allgemeinen Schlüsselwörtern der SellerCentral „zu verstecken“. Anders als bei Google sind Keywords in den Amazon-Suchergebnissen binnen Minuten indexiert. Gerade mit seltenen Kombinationen kannst du schnell sehr weit oben ranken. Und gerade dann, wenn dein eigenes Produkt auch noch so ähnlich aussieht oder funktioniert wie ein bekanntes, hängen sich Händler:innen immer gerne an dessen Sichtbarkeit ran. Der oder die Suchende – also in der Regel der oder die durchschnittliche Amazon-Kund:in – sieht dann zwei sehr ähnliche Produkte und hält oftmals das „drangehängte“ Listing für offiziell und nimmt es als weitere Variante oder schlichtweg Alternative wahr. Wenn es dann sogar noch weniger kostet als das Original, kann schnell viel Traffic praktisch umgeleitet werden. Dazu muss der markenrechtlich geschützte Begriff nicht einmal offensichtlich im Titel, den Bullet Points oder der Beschreibung platziert sein. Versteckt in den allgemeinen Schlüsselwörtern wähnst du dich allerdings in trügerischer Sicherheit – denn der Verstoß kann schnell aufgedeckt und dann teuer werden.

Wie findet man heraus, ob eine Markenrechtsverletzung (auf Amazon) vorliegt?

Einem praktischen Beispiel soll einmal erklärt werden, wann ein solcher Verstoß auf Amazon vorliegt und wie man dagegen vorgehen kann. Da ich hier aber niemanden „in die Pfanne hauen“ will, nenne ich keine konkreten Namen – es soll nur einmal das Vorgehen exemplarisch erklärt werden.

Schritt 1: einfache Keyword-Suche auf Amazon

Um herauszufinden, ob ein:e andere:r Händler:in deinen (geschützten) Markennamen verwendet, gibst du erst einmal ganz trivial diesen Begriff in die Amazon-Suche ein. Die hier aufgelisteten Suchergebnisse durchforstest du schlicht und prüfst, ob ggf. ein:e Mitbewerber:in hier auftaucht.

Schritt 2: Onpage-Suche auf der Produktdetailseite

Allein die Tatsache, dass hier nun ein:e Mitbewerber:in in der Suchergebnisliste auftaucht, heißt noch nicht, dass auch wirklich eine Markenrechtsverletzung vorliegt. Zuerst führst du eine simple Onpage-Suche durch, nachdem du das betreffende Amazon-Produkt geöffnet hast. Dazu drückst du einfach die Tastenkombination „Strg + F“ und gibst den Suchbegriff in der sich nun öffnenden Browsersuchleiste ein. Wird der Begriff nicht gefunden, kannst du mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass das (rechtlich geschützte) Wort in den allgemeinen Suchworten in der SellerCentral hinterlegt ist. Hier wird es bereits problematisch.

Schritt 3a: den:die Mitbewerber:in kontaktieren

Der diplomatischste Weg ist, den betreffenden Händler bzw. die betreffende Händlerin direkt zu kontaktieren und mit der Tatsache zu konfrontieren. Jeder Marketplace-Seller hat (oder sollte haben) in der Regel ein vollständiges Impressum mit E-Mail-Adresse und Telefonnummer. Erfahrungsgemäß sind sich die meisten Händler:innen ihrer „Schuld“ bewusst und auch einsichtig, sodass es kaum Diskussionen gibt. Natürlich kannst du auch gleich eine:n Anwält:in einschalten und abmahnen – aber das kostet meist mehr Zeit, und die direkte Konfrontation (auch wenn speziell in Deutschland oft anders gelebt) ist nicht immer der bessere Weg.

Kontrolle ist besser: Auch wenn der betreffende Seller die Löschung des widerrechtlich verwendeten Begriffs zugesagt hat, solltest du das Ganze unbedingt kontrollieren. Am besten lässt du dir die Löschung des Begriffs schriftlich bestätigen. Wichtig: Es dauert in der Regel einige Minuten, selten auch Stunden, bis Amazon diese Änderung (Löschung) auch registriert und das Produkt mit dem Suchbegriff wieder „entkoppelt“ ist. Bevor du also direkt wieder erbost zum Telefonhörer greifst oder in die Tasten schlägst, solltest du ein paar Stunden abwarten und dann erneut kontrollieren, ob bei einer Suchanfrage das betreffende Produkt wirklich aus der Ergebnisliste verschwunden ist.

Kann der oder die Händler:in nicht erreicht werden, stellt sich unwissend oder weigert sich sogar, den geschützten Begriff zu entfernen, geht es weiter zu Schritt 3b oder direkt zur anwaltlichen Unterstützung.

Schritt 3b: Amazon kontaktieren

Auch der direkte Weg zu Amazon ist möglich. Hast du hier eine:n direkte:n Ansprechpartner:in (bei größeren Händler:innen oftmals der Fall), kannst du um Offenlegung der in der SellerCentral hinterlegten Keywords bitten, um ganz sicherzugehen, dass der markenrechtlich geschützte Begriff auch wirklich dort eingetragen wurde. Alternativ (bzw. auch direkt anschließend) füllst du bei Amazon ein sogenanntes Infringement-Formular aus. Dieses Formular kannst du auch dann ausfüllen, wenn du selbst nicht der oder die Rechteinhaber:in bist, dir aber sicher bist, dass hier ein Verstoß vorliegt. Amazon ist natürlich immer daran interessiert, seinen Produktkatalog sauber zu halten – und bei über 100 Millionen aktiven Produkten ist das nicht immer einfach.

Im Amazon-Infringement-Vorgang sollten sämtliche ASINs eingetragen werden, bei denen ein Markenrechtsverstoß wahrscheinlich oder idealerweise sogar sicher vorliegt. Wichtig dabei ist, dass du den rechtlich geschützten Markennamen bzw. Begriff korrekt in das Formular einträgst und dabei auf eine korrekte Schreibweise achtest, damit der oder die zuständige Amazon-Mitarbeiter:in bei einer anschließenden Überprüfung den Fall auch nachvollziehen kann.

Die Überprüfung kann je nach Fall mehrere Tage dauern. In der Regel ist Amazon allerdings recht fix und kontaktiert den betroffenen Seller zeitnah.

Schritt 3c: Anwalt, Abmahnung und Unterlassung

Da ich kein ausgebildeter Jurist bin, kann ich an dieser Stelle keine verbindliche Empfehlung geben. Allerdings ist es manchmal unvermeidlich, den Anwalt oder die Anwältin deines Vertrauens einzuschalten und den Fall der Juristerei zu überlassen. Persönlich empfehle ich, diesen Schritt immer als letztes Mittel einzusetzen, da man trotz einer Konkurrenzsituation nicht immer sofort die „Rechtskeule“ rausholen muss. Allerdings musst du das für dich selbst entscheiden – und in einigen Fällen führt kein Weg am Anwalt bzw. an der Anwältin vorbei. Bei Abmahnungen geht eine Unterlassungsverfügung meist einher, die bei erneutem Verstoß in teils drakonischen Geldstrafen mit hohen 4- oder 5-stelligen Beträgen (oder noch mehr) münden kann.

Schritt 4: Wiedervorlage und Nachkontrolle

Wie schon in Schritt 3a erwähnt, solltest du dringend nachprüfen, ob eine Löschung des Begriffs wirklich erfolgt ist – und diesen Vorgang in gewissen Zyklen mehrfach wiederholen. Das ist sicherlich etwas nervig, aber durchaus in einigen Fällen notwendig. Bei erneutem Verstoß und/oder renitenter Nichterfüllung führt – ebenso wie in Schritt 3c beschrieben – kein Weg am Anwalt bzw. an der Anwältin vorbei.

Tipp: DPMA nutzen und eine Markenrecherche durchführen

Ist man sich nicht ganz sicher, ob wirklich ein Markenrechtsverstoß vorliegt, kannst du im Vorfeld einmal prüfen, ob der betreffende Begriff wirklich geschützt ist. Hierfür solltest du die Website des „Deutschen Patent- und Markenamts“ nutzen. Unter dem Punkt „Einsteigerrecherche“ findest du im Prinzip alles, was du benötigst, um eine solche Analyse durchzuführen. Wichtig: Auch hier bitte unbedingt auf eine korrekte Schreibweise achten (Bindestriche, Leerzeichen, Sonderzeichen usw.).

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Ist eine Marke oder ein Begriff registriert, zeigt die Suche oftmals mehrere Ergebnisse an. Hier muss nun geprüft werden, ob der Begriff wirklich (z.B. national und/oder international) geschützt ist. In einigen Fällen liefert die Suche zwar Ergebnisse, aber der Begriff ist dennoch nicht geschützt. Wichtig dabei ist der sogenannte „Aktenzustand“, welcher angibt, wie der Status des Eintrags aktuell vorliegt.

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Screenshot DPMA: Markenrecherche ergab mehrere Treffer.

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Screenshot DPMA: Eintragung abgelaufen, da nach 10 Jahren keine erneute Eintragung / Verlängerung erfolgt ist.

In diesem Fall hat die DPMA-Recherche zu dem von Nike geschützten Slogan „just do it“ mehrere Ergebnisse zurückgeliefert, die es nun zu prüfen gilt. Wie man hier auch sieht, sucht das Tool das DPMA ebenfalls mit Platzhaltern nicht nur nach dem 1-zu-1-Matching. Bei dem obigen Beispiel (zweiter Punkt in der Ergebnisliste), ist eine Eintragung abgelaufen (10 Jahre bleibt eine Marke, bzw. ein Begriff geschützt – ohne Erneuerung läuft die Eintragung ab), eine Anmeldung wurde zurückgenommen (Widerspruch gegen die Anmeldung wurde in diesem Fall eingelegt) und mehrere Marken wurden zugelassen und eingetragen.

Warum gibt es beim DPMA manchmal mehrere Eintragungen?

Mit der Eintragung einer Marke ist diese immer gekoppelt an einen Verwendungszweck und den Produktbereich. In der Regel kannst du pro Eintragung maximal drei solcher Kategorien an den Begriff koppeln. Willst du noch mehrere Bereiche damit schützen, müssen eben auch mehrere Eintragungen erfolgen. Und genau das hat Nike in diesem Fall für unterschiedliche Produktgruppen getan. Nötig ist dies, um wirklich jeden Einsatzbereich einer Marke oder eines Begriffs für mögliche Mitbewerber:innen zu sperren. In den meisten Fällen reicht jedoch ein einzelner Eintrag aus. Wichtig ist dabei auch, dass du Wort- und Bildmarken eintragen kannst – und manchmal auch solltest.

Was für Folgen kann ein Verstoß auf Amazon haben?

Neben der erwähnten Abmahnung (die allein schon teuer sein kann) und der oft daran angeschlossenen Unterlassungsverfügung kann auch Amazon selbst drastische Schritte gegen einen solchen Markenrechtsverstoß vornehmen. Im Zweifelsfall kann dies sogar bis zur Sperrung / Löschung des Amazon-Seller-Accounts führen – die damit verbundenen Folgen muss man wahrscheinlich hier nicht weiter ausführen.

Vergleichende Werbung – die Ausnahme von der Regel

Bei Amazon werden nicht nur die Keywords aus den „verdeckten Schlüsselwörtern“ indexiert, sondern auch (und gerade) die Begriffe aus dem Produkttitel, der Attributen-Liste (auch Bullet Points genannt) und der Produktbeschreibung. Daher kann es auch schon einmal vorkommen, dass ein Produkt bei Amazon in den Suchergebnissen gelistet wird, weil der geschützte Begriff im Rahmen der vergleichenden Werbung für potenzielle Käufer:innen sichtbar auf der Produktseite verwendet wurde. Mit Umsetzung der Richtlinie 97/55/EG zum 01.09.2000 ist vergleichende Werbung in Deutschland erlaubt, muss jedoch einige Kriterien erfüllen. Wichtig dabei ist vor allem, dass der Vergleich nachprüfbar und belegbar ist. Es dürfen auch keine Produkte miteinander verglichen werden, die nichts (oder zu wenig) miteinander zu tun haben. Wenn du nun also bspw. in deiner Produktbeschreibung vermerkst „Produkt der Marke XYC ist besser als das der Marke ABC“, wäre eine solche vergleichende Werbung unlauter, da sie nicht wirklich bewiesen werden kann. Auch nicht erlaubt ist es, wenn du schreibst: „Diese Ledertasche ist billiger als ein Porsche.“ Der Vergleich wäre zwar belegbar, aber die beiden Produkte sind (auch aus Sicht eines:einer Käufer:in) zu weit voneinander entfernt.

Generell begibst du dich mit vergleichender Werbung immer etwas auf unsicheres Terrain. Hier musst du selbst entscheiden, ob du ein solches Mittel einsetzt, um eine bessere Sichtbarkeit bei Amazon zu erreichen. Fakt ist: funktionieren tut es – und kann die Sales pushen. Fakt ist aber auch: Anwält:innen können immer etwas finden 😉

An dieser Stelle nochmals der Hinweis: Dieser Artikel ist keine rechtsverbindliche Beratung und wurde von einem „Nicht-Juristen“ geschrieben. Es soll hier nur einmal exemplarisch aufgezeigt werden, wie ein Markenrechtsverstoß bei Amazon geprüft und dagegen vorgegangen werden kann, bzw. welche Folgen das haben kann.