Wie Amazon und Google Nutzer:innen begeistern

Keine Frage: Was die beiden Digital-Giganten Amazon und Google in den letzten Jahren aufgebaut haben, schaffen nicht viele Unternehmen unter dieser Sonne. Das zentrale Produkt beider Companies ist nichts Physisches, und doch sind beide aus deinem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Abgesehen von ein paar „eigenen“ Hardware-Produkten – bei Amazon vor allem der Kindle und bei Google das Nexus bzw. jetzt recht neu das Google Phone – sind beide Unternehmen im digitalen Sektor zu Hause und begeistern Millionen von Menschen weltweit. Beide Dienste werden anders genutzt und basieren auf unterschiedlichen Fundamenten – Google als klassische Suchmaschine und Amazon als Onlineshop bzw. Marktplatz. Zwar gibt es einige Überschneidungen hinsichtlich der Produktsuche, dennoch verfolgen beide unterschiedliche Ziele bei den Nutzer:innen. Der eine will vor allem die besten Antworten liefern, der andere die besten Produkte. Eine grundlegende Eigenschaft haben Amazon und Google jedoch gemeinsam: Sie waren in ihrem jeweiligen Bereich nicht die Ersten auf dem Markt, haben sich aber über die Jahre durchgesetzt und andere Player verdrängt. Aber wie und warum funktioniert das? Die Antwort ist so simpel wie komplex: Sie schaffen es, Nutzer:innen dauerhaft zu begeistern.

Nutzerzentrierte Weiterentwicklung ist der Schlüssel

Mit der Überschrift ist eigentlich alles gesagt – sowohl Amazon als auch Google sind extrem nutzerorientiert und entwickeln sich anhand der Bedürfnisse ihrer Zielgruppe stetig weiter. Im Bereich der nutzerorientierten physischen Produkte ist ein Unternehmen so stark wie kein anderes: Apple. Über den Gründer Steve Jobs ranken sich viele Mythen und sehr ambivalente Meinungen. Dennoch hat er mit dem iPod, dem iMac und dem iPhone etwas geschafft, was vor ihm so keiner hinbekommen hat: die Zielgruppe zu emotionalisieren und für Dinge zu begeistern, die eher „unsexy“ sind. Schaust du wieder auf die beiden digitalen Platzhirsche, dann erkennst du durchaus viele Parallelen. Eine Suchmaschine, die Spaß macht? Eine Shopping-Plattform, auf der du täglich unterwegs bist? Beides wäre vor 10 Jahren wahrscheinlich so noch nicht denkbar gewesen, aber sowohl Amazon als auch Google sind aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Stell dir doch nur einmal vor, du willst etwas wissen und kannst Google nicht mehr fragen. Oder du willst dir etwas Neues kaufen und könntest vorher keine Rezensionen mehr auf Amazon lesen. Was Apple im Produktbereich geschafft hat, das haben Amazon und Google im Digitalsektor hinbekommen. Über die letzten 10 Jahre ist man Trends nicht nur hinterhergelaufen – man hat sie erschaffen und damit USPs (Unique Selling Points) aufgebaut und sich von Mitbewerber:innen abgegrenzt.

Die Marke als zentraler Punkt für einen dauerhaften Erfolg

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Spätestens als „googeln“ als Verb im Duden aufgenommen wurde, war klar, dass Google im täglichen Leben der Menschen angekommen ist. Gerade vor kurzem sagte jemand zu mir: „Warte, ich google das mal fix auf Amazon.“ Wenn das zentrale Produkt eines Unternehmens zu einem weltweiten Synonym geworden ist, dann ist der Erfolg einer Marke unumstritten. Wie schafft man einen solchen Sprung wie Google? Ganz „einfach“: durch extreme Nutzungsfrequenz. Jede Sekunde werden weltweit über 40.000 Suchanfragen auf Google abgefeuert, und durch die Nutzung mobiler Endgeräte steigt diese Anzahl in den nächsten Jahren noch weiter. Bei aktuellen Android-Smartphones startet man eine Suchanfrage sogar noch mit der Aussprache des Markennamens: „Ok, Google …“

Ein eigenes Verb hat Amazon noch nicht etablieren können – müssen sie auch nicht. Die Marke ist in Bezug auf Shopping in der westlichen Hemisphäre einfach omnipräsent. Will man etwas kaufen, suchen viele immer häufiger direkt auf Amazon oder klicken Amazon zumindest in den Google-Suchergebnissen direkt an, um den Shopping-Prozess oder eine tiefere Produktrecherche zu starten. Für Endkund:innen ist Amazon eigentlich DER Onlineshop, obwohl viele der dort angebotenen Produkte von Drittanbietern verkauft werden, die Amazon als Marktplatz nutzen. Über 100 Millionen aktive Angebote kannst du allein auf Amazon.de erwerben – und alle sind automatisiert über ein intelligentes Cross- und Upselling miteinander verbunden. Die Millionen von Rezensionen, die über die Jahre entstanden sind, stellen für viele potenzielle Shopper ein wichtiges Kaufsignal dar. In Verbindung mit einer scheinbar endlosen Produktpalette hat sich Amazon zu einem der wichtigsten Shopping-Portale gemausert, das wir kennen.

Touchpoints kreieren und Nutzer:innen binden

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Aber eine starke und präsente Marke entsteht nicht von allein. Beide Konzerne stecken Milliarden in die Weiterentwicklung ihrer Dienste und kreieren so immer mehr Touchpoints bei ihrer Zielgruppe. Vor 20 Jahren war Google nicht mehr als eine schnöde Text-Suchmaschine und Amazon ein kleiner Onlineshop für Bücher. Während sich Amazon mit seinen neuesten Produkten wie dem Dash-Button oder echten Supermärkten noch dichter im echten Leben seiner Kund:innen bewegt, steht auch bei Google das Rad nicht still. Während man als normale:r Anwender:in den Änderungsprozess bei der Suchmaschine gut beobachten kann (z. B. mit der Universal Search wurden verschiedene Suchergebnis-Medien integriert), finden bei Google einige Veränderungen „unter der Haube“ statt. So ist man mit Google X in verschiedenen Versuchs- und Forschungsprojekten dabei, die Welt technisch zu revolutionieren. Von selbstfahrenden Autos bis hin zu intelligenten Windkraftanlagen – Google ist weit über seine Suchmaschine hinausgewachsen und wird in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich ebenfalls dichter am echten Nutzer agieren. Aber selbst die Suchmaschine ist heute ein fester Bestandteil auf fast jedem Smartphone – ein Touchpoint, den Menschen weltweit jeden Tag intensiv nutzen.

Amazon und Google verändern das Nutzer:innenverhalten

Wenn es darum geht, Nutzer:innenverhalten zu beeinflussen und zu steuern, sind Amazon und Google ganz vorn dabei. Das zentrale Bindeglied ist hier die Suchmaschine bzw. deren Ergebnisse: Algorithmen entscheiden, welches Ergebnis relevant ist, und zeigen dieses priorisiert an. Die Suchergebnisliste entscheidet dann darüber, ob Produkte gekauft oder Informationen wahrgenommen werden. Beide Internetgiganten haben es aber offenbar geschafft, aus Nutzer:innensicht perfekte Ergebnisse abzuliefern. Die User Experience (Nutzer:innenerfahrung) ist dabei so gut, dass außer Google und Amazon – bezogen auf die westlichen Länder – kaum andere vergleichbare Dienste oder Plattformen genutzt werden. Google ist sauschnell und präzise – Amazon bietet das perfekte Käufer:innenerlebnis bei gleichzeitig riesiger Produktpalette. Jede:r hat sich in seinem:ihrem Gebiet perfekt aufgestellt und enorm verbessert, und das honorieren die Nutzer:innen mit einer intensiven Nutzung beider Produkte. Eine repräsentative Umfrage aus 2015 hat gezeigt, dass über 30 % der Menschen Amazon aus dem Alltag nicht mehr wegdenken können – bei Google dürfte die Quote wohl noch deutlich höher sein.

Enter the Habit Zone

Im Buch „Hooked“ von Nir Eyal, in dem es um kreative Produktkonzeption mittels Design Thinking geht, wird die sogenannte „Habit Zone“ beschrieben. Hier geht es um einen nutzerzentrierten Ansatz, um Produkte besser zu machen bzw. neue Produkte zu kreieren. Im Fokus steht dabei immer das Verhalten der echten Nutzer:innen – wer weiß, was die Zielgruppe gerade will oder in Zukunft möchte, kann auch perfekte Produkte bauen. Und genau diese perfekten Produkte und Dienste haben Amazon und Google über viele Jahre geschaffen. Mit den beiden Faktoren „Nutzungsfrequenz“ und „wahrgenommener Nutzen“ entsteht die „Habit Zone“, in der das Nutzer:innenverhalten beeinflusst und für sich genutzt werden kann. Die Grafik veranschaulicht dabei, wie sich die Nutzungsfrequenz auf die Habit Zone auswirkt: Je häufiger ein Produkt genutzt wird bzw. je höher der wahrgenommene Nutzen eines Produkts ist, desto schneller gelangt man in die Habit Zone und erreicht damit, dass Nutzer:innen ein Produkt an ihr Verhalten knüpfen. Beispiel: Google wird so oft genutzt und die Ergebnisse sind so gut (und damit der Nutzen so hoch), dass man sogar ein eigenes Verb als Synonym für „suchen“ erschaffen hat.

Was kann man als Onlinehändler:in von Amazon und Google lernen?

Nun reden wir hier von Weltkonzernen mit zehntausenden Mitarbeitenden und Millionen von Kund:innen. In solchen Dimensionen bewegen sich nur wenige Unternehmen, aber dennoch kannst du auch als kleinere:r Onlinehändler:in eine Menge von Amazon und Google lernen. Immer wieder ist in Bezug auf das Thema Amazon-Optimierung die Rede davon, eine Marke zu erschaffen und einzigartige Produkte zu verkaufen. Was so hochtrabend und schwer erreichbar klingt, ist im Einzelnen betrachtet gar nicht so schwierig, wenn man bedenkt, dass auch Amazon und Google nicht über Nacht die perfekten Produkte am Start hatten. Beide Unternehmen haben es aber verstanden, immer nutzerzentriert die Bedürfnisse ihrer Kund:innen in Weiterentwicklungsprozesse einzubinden – und genau das kannst du auch als kleinere:r Onlinehändler:in tun. Produktrezensionen sind beispielsweise oft eine Goldquelle, wenn es um Nutzer:innenfeedback geht, denn hier schreiben echte Käufer:innen nicht selten Verbesserungsvorschläge hinein. Auch eigene Tests sollten regelmäßig von Händler:innen angestoßen werden, um Feedback zu Produkten und möglichen Änderungswünschen der Zielgruppe einzuholen. Natürlich gibt es viele Dinge, die man unternehmen kann und sollte – alle hier aufzulisten würde den Rahmen des Artikels sprengen. Eines der wesentlichsten Dinge ist jedoch eine Frage, die du dir immer selbst stellen solltest: Was kann ich an meinem Produkt noch besser machen bzw. was kann ich verändern, um Nutzer:innen noch besser abzuholen? Mit dieser zentralen Frage beschäftigen sich Amazon und Google seit vielen Jahren – und genau das ist auch das Erfolgsgeheimnis der beiden Giganten.